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Žyróvičy (blr. Жыровічы, russ. Жировичи)
Zentrum der Orthodoxie in Belarus
Zehn Kilometer südlich entfernt von Slonim befindet sich Žyrovičy. Hier befindet sich eine der größten und ältesten Klosteranlagen des Landes, die auf eine lange Tradition zurückblicken kann. Besuchen Sie unbedingt eine der beiden Quellen und nehmen Weihwasser aus Žyrovičy mit nach Hause!
Mariä-Entschlafenskloster/Uspenskij-Kloster in Žyrovičy
Sehr traditionsreiches ehemaliges Unierten- und jetziges orthodoxes Kloster mit Kirchen und Priesterseminar – Wallfahrtsort – Žyrovičer Ikone der Gottesmutter Maria – heilige Quellen
Žyrovičy, eine der ältesten Städte in Belarus (heute mehr ein Dorf), liegt ca. zehn Kilometer südlich von Slonim am Fluss Ščara und ist vor allem für sein ehemaliges uniertes und heute orthodoxes Kloster bekannt, welches im 17. Jahrhundert eines der reichsten und größten in Belarus und Litauen war. Heute ist es eines der größten geistigen Zentren der Orthodoxie in Belarus sowie ein beliebtes Ziel für Wallfahrer. Falls Sie gläubig sind oder sich für Religion(sgeschichte) interessieren, lohnt sich ein Besuch auf jeden Fall. Verpflegung vor Ort ist kein Problem (bei vorheriger Anmeldung; s. Wohnen, Essen und Trinken), auch Übernachtung. Seit 1989 ist hier das Minsker Priesterseminar untergebracht. Das Landeskundliche Museum Slonim unterhält hier einen Ausstellungssaal (vul. Saveckaja 56) mit der Dauerausstellung seltener Bücher und Ikonen [Музей редкой книги и иконы]. Zudem liegt dieser heilige Ort landschaftlich sehr reizvoll, etwas erhöht und abseits von der Hektik des Großstadtalltags.
Ein heiliger Ort
Zum ersten Male urkundlich erwähnt wird der Ort zwischen 1493 und 1495 als Gut von Aljaksandr Soltan, Schatzmeister im Großfürstentum Litauen, der 1470 eine Kirche an der Stelle bauen ließ, an der ihm der Legende nach die Heilige Gottesmutter Maria erschien. An der Stelle des heutigen Klosters befand sich ein Waldgebiet, anstelle der Kathedrale war ein Birnbaum. Laut einer Legende erschien 1470 den Hirten Soltans auf diesem Birnenbaum das Bildnis der Gottesmutter Maria, für die anschließend erst eine Holzkirche, später dann eine Steinkirche gebaut wurde, um die herum dann ein Kloster entstand. Das Kloster wurde 1470 oder 1494 (je nach Version) gegründet. Um 1520 verschwindet bei einem Brand, bei dem viele Gebäude, auch die Holzkirche, zerstört werden, die Ikone, doch Kinder sehen laut einer weiteren Legende Maria mit dem Bild auf einem Steine sitzen. Ab 1609 war das Kloster uniert, ab 1613 gehörte es dem Basilianerorden.
Ein bisschen aus der Geschichte des Dorfes…
Anfang des 17. Jahrhunderts ist der Ort im Besitz der Sapiehas (ab 1609 ist das Kloster uniert), danach des Smolensker Kastellan Ivan Meleško, der es 1621 dem Žyrovičer Basilianer-Kloster übergab. Um die Kirche herum entstand langsam eine Siedlung. Das Basilianerkloster wurde 1587 zum ersten Male erwähnt. Dank dem Kloster entwickelte sich Žyrovičy im 17. Jahrhundert zu einem bedeutenden Handelszentrum mit eigenem Stadtwappen. 1652 wird dem Ort das Magdeburger Stadtrecht verliehen. 1655 (Russisch-polnischer Krieg) wird die Stadt mit dem Kloster von den Kosaken verbrannt. Ab 1795 (Dritte Teilung der Rzeczpospolita) gehört Žyrovičy zu Russland. Von 1810 bis 1828 ist es Residenz des Brester Uniertenbischofs, von 1828 bis 1839 ist es Sitz der Litauischen Diözese der Unierten Kirche Litauens, von 1840 bis 1845 ist Zentrum der orthodoxen Eparchie von Litauen.
Kirchen und Kloster
Das Mariä-Entschlafenskloster [Uspenskij-Kloster] (17./18. Jh.; erste Erwähnung 1587), ein (heute) orthodoxes Männerkloster, wurde 1470 (oder 1494) gegründet. Hier wird die Žyrovičer Ikone der Gottesmutter Maria – ein für Belarus sehr wichtiges geistiges Kulturgut – aufbewahrt. Die Klosteranlage in ihrer heutigen Form entstand im 17./18. Jahrhundert. Die Klosteranlage am hohen Ščara-Ufer mit der massiven weißen Mariä-Entschlafenskirche [собор Успенский; Uspenskij-Kathedrale], die sich zwischen grünen Hügeln und Wäldern hervorhebt, ist schon weit außerhalb der Stadt zu sehen.
Die Kirchen wurden in Žyrovičy bis Mitte des 19. Jahrhunderts gebaut. Zu der Anlage gehören neben den Kirchen ein dreistöckiges Kloster mit Seminar, Mönchsklausen, ein Refektorium, eine Kapelle und zahlreiche weitere Gebäude. Auch gab es hier eine kleine Druckerei, ein Garten mit Teichen an der Vichna, einem Zufluss der Ščara. Heute stehen dort noch die Mariä-Entschlafenskirche, die Erscheinungskirche, die Heilig-Kreuz-Kirche, die „warme“ (d. h. beheizte) Nikolajkirche, ein Glockenturm, das Priesterseminar (das neue Gebäude stammt aus dem Jahr 1956), ein Wohngebäude für die Mönche, Wirtschaftsgebäude, ein Refektorium sowie ein Obstgarten. Hier sind das Minsker Theologische Seminar und eine Kantorenschule untergebracht. Die Anlage, in der sich architektonische Stilformen aus Barock, Rokoko und Klassizismus vereinen, ist durch eine Steinmauer und Toren umgeben. Eine vierte Kirche, die Georgskirche (eine Holzkirche), befindet sich auf dem alten Friedhof, in der Nähe des Klosters.
Obwohl Žyrovičy im 17./18. Jahrhundert das Zentrum der unierten Kirche in Belarus ist, wird es später zum Zentrum der Vereinigung von unierter und orthodoxer Kirche. Ursprünglich waren die Gebäude aus Holz (verbrannt 1655). Die ursprüngliche Holzkirche (1550) verbrannte um 1560 und wird durch eine Steinkirche ersetzt, gestiftet von Leŭ Sapieha, der das Uniertenkloster mit Land, einem Gasthaus und einer Kirchenglocke unterstützt. Die Steinbauten wurden im Zeitraum von 1672 bis 1829 gebaut (Mariä-Entschlafens-Kathedrale, Erscheinungskirche, Heilig-Kreuz-Kirche; in einiger Entfernung die Georgskirche aus Holz). Das heutige Seminargebäude entstand erst 1956. Im 17. und 18. Jahrhundert ist der Ort ein geistiges und administratives Zentrum der belarussischen und litauischen Unierten. Ab 1644 (Besuch des polnischen König Władysław IV) beginnen Pilgerreisen. 1651 kommt dessen Nachfolger, der polnische König Johann II Kasimir, um der Ikone zu huldigen. Die 1655 von den Kosaken verbrannte Kirche wird 1667 wieder aufgebaut. Zum Kloster gehörte auch eine Laienschule, später eine höhere Lehranstalt, auf deren Grundlage 1828 das Litauische Theologische Seminar gegründet wurde.
Ende des 18. Jahrhunderts/Anfang des 19. Jahrhunderts wird Žyrovičy Residenz des unierten Bischofs von Brest (1810-1828) und später Litauens (1828-1839), einschließlich Seminar (eröffnet 1818). Außerdem gibt es hier ein Krankenhaus für zehn Personen.
Nach der Aufhebung der Brester Kirchenunion 1839 wurde das Kloster wieder orthodox, einschl. Priesterseminar (bis 1845) und Theologischer Schule (bis 1915). 1842 gehen fast alle Ländereien/Besitztümer in die Staatskasse über. 1845 zieht das Kloster nach Vilnius um, und in Žyrovičy wird eine theologische Lehranstalt eröffnet, die bis 1915 besteht; fünf Mönche wohnen zu der Zeit hier. Das Kloster besaß eine umfangreiche Bibliothek mit seltenen Manuskripten, darunter auch das Žyrovičer Evangelium, ein belarussisches Schriftdenkmal des 15. Jahrhunderts, welches sich heute in der Bibliothek der Akademie der Wissenschaften von Litauen befindet. Sowohl der Besitz des Klosters als auch das Archiv wurden während des Ersten Weltkrieges nach Russland gebracht, die berühmte Marienikone, die während des Krieges in der Basilius-Kathedrale in Moskau (direkt am Roten Platz), Asyl fand, kehrte zu Beginn der 1920er Jahre ins Kloster zurück. Die Deutschen zerstörten sehr viel, vor allem die Holz-Ikonostase.
In der Zwischenkriegszeit, als der Ort zu Polen gehört (1921-1939), wollen die übriggebliebenen Mönche das Kloster wiederbeleben und vor allem die Uspenskij-Kathedrale vor der Zerstörung retten. Von 1924 bis 1939 befindet sich in einem Teil der Klostergebäude eine landwirtschaftliche Schule. Die Gärten, der Wald, die Mühle und die Ziegelfabrik werden verstaatlicht. Im anderen Teil der Klostergebäude sollte ein katholisches Kloster untergebracht werden, aber dadurch dass zehn Nonnen aus Hrodna hierhin umgesiedelt wurden, blieb das Kloster orthodox. Die unierte Kirche wollte das Kloster zurück, sogar Prozesse drohten, aber der damalige Bischof Aleksij organisierte zum Protest eine Wallfahrt aller orthodoxen Gemeinden nach Žyrovičy, wodurch das Kloster orthodox blieb. In den 1930er Jahren sorgt Archimandrit Venedikt für die Reparatur der Gebäude, und zum ersten Male verlässt die Marienikone das Kloster und macht eine Reise durch das Hrodnaer Bistum. Sowohl in polnischer Zeit als auch zur Zeit der deutschen Okkupation im Zweiten Weltkrieg findet hier ein geistliches Leben, also Gottesdienste, statt.
Um die Gläubigen für sich einzunehmen, helfen die Deutschen zur Zeit der Okkupation (1941-1944) dem Kloster. Der damalige Archimandrit Serafim und Priester Grigorij Kudarenko besuchen viele Gemeinden in Belarussen, verlassen sich auf die Deutschen, werden nach der Befreiung jedoch verhaftet.
Nach dem Krieg gestaltet sich das Arrangement mit dem atheistischen Sowjetregime nicht ganz so schwierig, da auch die orthodoxe Kirche gegen den Faschismus gekämpft hatte. Das Kloster darf 36 ha Land behalten, betreibt weiter Landwirtschaft, zahlt Steuern. 1945 nimmt die Theologische Schule wieder ihren Betrieb auf, die 1947 in das Minsker Theologisches Seminar umgewandelt wird – das geistige Leben geht nach dem Krieg weiter. Aufgrund zu hoher Steuern muss das Kloster jedoch 1956 auf seine Länder (außer einem kleinem Garten) verzichten. 1957 sorgt Archimandrit Antonij wieder für die künstlerische Gestaltung des Klosters und der Kirchen (Fresken usw.). 1960 finden mehr als 70 Nonnen aus Hrodna und Polack (die dortigen Klöster waren geschlossen worden) Zuflucht in Žyrovičy und leben hier bis 1970. Ab den 1960er Jahre verfügt das Kloster praktisch über keine finanziellen Mittel mehr, bereits ab 1959 hatte das Sowjetregime die Einschreibung neuer Studentenjahrgänge verboten, das Seminar „liquidierte sich damit selbst“ (1963). Das 1945 eröffnete Priesterseminar wurde 1963 geschlossen und erst 1989 wiedereröffnet. In den 1960er Jahre verbreitet das Regime sogar das Gerücht, die Cholera grassiere im Kloster, als Vorwand, um das Kloster zu schließen, aber Kinder graben unter dem Zaun eine Art Gang, um Pilgerfahrern den Eintritt zu ermöglichen. 1980 leben 15 Männer und 33 Schwestern im Kloster. Immer wenn es gelang, eine neue Schwester amtlich anzumelden (die sog. „Propiska“), freute man sich. Mit der Perestrojka treten ab 1986 deutliche Veränderungen auf. 1988 (tausendjähriges Jubiläum der Taufe der Rus) findet eine Diözesalversammlung statt. 1989 nimmt das Theologische Seminar Minsk seine Arbeit wieder auf. 1991 wird das Theologische Seminar in eine Höhere Lehranstalt umgewandelt (Ausbildungszeit fünf Jahre). Ab Ende der 1980er Jahre werden umfangreiche Umbau- und Renovierungsarbeiten durchgeführt. 1994 wohnen hier 30 Personen.
Kloster und Kirchen heute
Heute besitzt das Uspenskij-Kloster 150 ha Land, einen großen Fischteich, und betreibt Landwirtschaft.
Die gesamte Klosteranlage bildet eine architektonische Einheit, die von der Mariä-Himmelfahrtskirche (1613-1650; Rekonstruktion 1828; Barock) dominiert wird. Diese dreischiffige Kreuzkuppelbasilika, die der Kathedrale in Mahiljoŭ ähnelt, hat eine Länge von 55 m und eine Höhe von über ca. 40 m (Kuppel) und besitzt außerdem einen Glockenturm (1. Hälfte 19. Jh.). Das Gotteshaus befindet sich auf der Hauptstraße, die sich an dieser Stelle zu einem Platz öffnet. Es ist ein monumentaler Prachtbau mit zwei Türmen aus der Zeit des Barock, der sein heutiges klassizistisches Aussehen durch die Renovierung 1828 erhielt, mit drei Kirchenschiffen, einer halbrunden Apsis und einer Kuppel. Unter der Apsis befindet sich eine Krypta mit Tonnengewölbe. Im Inneren sind barocke Züge erhalten. Über bedachte Durchgänge ist sie verbunden mit dem Seminargebäude und dem Wohngebäude, in dessen erster Etage sich eine Bogendurchfahrt befindet. Vom Süden und Norden her schließen sich drei ‚warme‘ (= geheizte) Kirchen an, die in die Kathedrale integriert sind (darunter auch die ‚warme‘ Nikolaikirche). Das Gewölbe und die Kuppel werden von sechs massiven Pfeilern gehalten. Im westlichen Kirchenbereich sind Chöre vorhanden, die man über Treppen erreichen kann. Das Innere der Kirche ist auf barocke Art pompös und stattlich ausgeschmückt mit entsprechenden Statuen und Malereien, dabei aber auch gut ausgeleuchtet.
Die Fassade hat Säulen dorischer Ordnung, d. h. zwei Säulenpaare im Mittelbereich sowie jeweils eine Säule an den Ecken, sowie Pilaster an den übrigen Maueroberflächen. Die Fassade endet mit Giebeln, das Dekor weist klassische Elemente und Motive byzantinischer Architektur auf (insbesondere das Portal). Das Mittelschiff hat Bogenfenster und ist mit hohen Arkaden abgetrennt und mit Tonnengewölbe bedeckt. Das Gewölbe ist mit Stuckornamenten und mit Fresken im Rokokostil verziert. Die monumentale Konche der Apsis ist mit Lünetten durchschnitten und mit der Freske Erlöser Pantokrator geschmückt. An der Wand ist ein katholischer Stuckaltar im Rokokostil erhalten. Die ovale Mittelkuppel wird von massiven kreuzförmigen Pfeilern gestützt.
Das Hauptelement im Inneren ist die sehr kunstvoll gestaltete Holzikonostase im Barockstil (Muscheln, Cherubim, Blumenornamente). Sie besteht in ihrer Grundstruktur aus einer Kolonnade korinthischer Ordnung mit Figurengiebeln. Die zweigliedrigen Seitenaltäre sind später entstanden.
Der zweistöckige, quadratische Glockenturm ist mit der Kathedrale durch eine einzige längliche planerische Achse verbunden und bildet davor einen Platz. Analog zur Kathedrale endet der Glockenturm mit einer halbkreisförmigen Kuppel. Er hat ein klassisches Ordnungssystem: Säulen, Gebälk, dreieckige Giebel, dorischer Fries.
Rechts vom königlichen Tor befindet sich die schon erwähnte Žyrovičer Ikone der Gottesmutter Maria mit Silberumfassung, die kleinste Marienikone überhaupt (5,6 х 4,4 cm). Freitags um 17 Uhr findet hier immer das Gebet mit Akathistos der Gottesmutter vor der Ikone statt. Die Kirche ist auch berühmt für viele Heilungen.
Unter der Kirche befindet sich auch die Heilquelle, die der Legende nach 1470, beim Entdecken der Ikone, zu sprudeln begann.
Die Entstehungsgeschichte der Kirche der Erscheinung des Herrn ist recht mysteriös. In unterschiedlichen Quellen werden mehrere Datierungen genannt: 1672 (rekonstruiert 1796), vor 1769 oder 1769. Das Gebäude ist dem Spätbarock zuzuordnen – Höhepunkt des Wilnaer Barock, als viele Kirchen uniert waren. Das Gotteshauses befindet sich auf dem Klostergelände zwischen der Kathedrale und den Mönchsklausen (Mitte des Klostergeländes, südöstlich von der Kathedrale) und hat einen rechteckigen Grundriss (Ausmaße: ca. 8 x 20 m). Es ist im Grunde genommen eine Kapelle ohne Turm. Während die Hauptfassade reichhaltig verziert ist (dünne Halbsäulen, Skulpturengiebel mit Seitenvoluten), sind die Seitenwände sehr asketisch gehalten (flach, mit Bogenfenstern und einfachen Fensterfassaden). Ein auffälliger mehrseitiger Tambour unter der Kuppel, gefertigt aus Holz und in den Dachstuhl eingefügt, versteckt die Silhouette noch. Unter der Kirche gibt es eine Krypta. Im Altar befindet sich Thronstein, auf dem die Jungfrau Maria nach einem Brand im 16. Jh. erschien, außerdem eine Gedenktafel (2002) zum zweiten Besuch des russischen Patriarchen. Die Ikone der Gottesmutter erschien hier mehrfach.
Die Heilig-Kreuz-Kirche (1769; Barock, Rokoko) steht auf dem höchsten Punkt des Klosters hinter der Kirche der Erscheinung des Herrn (südlicher Bereich des Klostergeländes) und ist dem im 18. Jahrhundert verbreiteten Brauch gewidmet, der die Pilgerreise nach Jerusalem symbolisiert. Insofern handelt es sich gewissermaßen um eine Kalvarienbergkirche (wenn auch dieser Begriff in Belarus und in der orthodoxen Kirchen nicht gebräuchlich ist). Die Leiden Christi imitieren auch die Gläubigen, wenn sie die Kirche betreten: Im Inneren ist die Kirche wie Golgota, der Ort, an dem Jesus der Überlieferung nach gekreuzigt wurde, gestaltet (Golgota bedeutet ‚Schädelberg‘, lat. Calvaria/Kalvaria) und imitiert die Pilgerreise nach Jerusalem, so dass das Betreten der Kirche die Gläubigen nach Golgota versetzen soll, weswegen man in die Kirche nur über eine lange Paradetreppe gelangt (als Anspielung auf Jerusalem und Jesu langen Leidensweg). Innen gehen die Gläubigen über breite Eingangsstufen kniend nach oben, zur Freske der Kreuzigungsszene, am Altar, gemalt von Mönch Šašalevič, durch die als Verlängerung der Treppe ein illusorischer Effekt entsteht (erzeugt wird der Eindruck von Endlosigkeit und Offenheit des Raumes). Die Treppe nimmt die Hälfte des Innenraumes der Kirche ein und führt direkt zum kunstvoll bemalten Altar. Die großen Fenster beleuchten den Innenraum gut und ermöglichen eine gute Wahrnehmung der Malereien. In der Komposition der üppig verzierten Hauptfassade ist eine strenge Symmetrie erkennbar. Die Türöffnung, das Fenster, die Nischen, das Tambourfenster befinden sich auf der zentralen Achse. Die Kirche ist schlicht gebaut, rechteckig, ohne Altarapsiden und hat hohe Giebeldächer. An der Wand hängt ein Panorama; dadurch entsteht der Eindruck der Tiefe bei einer vergleichsweise geringen Größe der Kirche (12 x 25 m). Die Hauptfassade hat langgezogene Proportionen und endet mit hohem Giebel mit Türmchen; ein ähnlicher Turm erhebt sich über der Altarwand. Die Kirche hat einen Glockenturm und zudem zwei hohe schlanke Türme mit Kuppeln.
Gegenüber der Uspenskij-Kathedrale steht eine Kapelle (1828; Klassizismus), die aus zwei Teilen besteht. Beim unteren Teil handelt es sich um die eigentliche Kapelle, der obere Teil ist der Glockenturm, der mit einer Kuppel endet. Architektonisch steht die Kapelle der Kathedrale nahe, ist aber im Klassizismus-Stile gehalten. Hier bekommt man geweihtes Wasser.
Obwohl die Georgskirche [Свято-Георгиевская церковь] (Ende 18. Jh.; Holzkirche; Barock), die sich auf dem alten Friedhof befindet, zur Klosteranlage gehört, steht sie in architektonischer Hinsicht mit ihr nicht in Verbindung. Es handelt sich um einen recht einfachen Bau, wie er für belarussische Holzarchitektur (speziell für Holzkirchen) nicht untypisch ist, mit Giebeldach (dreieckiger Giebel), bestehend aus einem rechteckigen Bauteil mit einer fünfseitigen Apsis, außerdem mit barockem Figurentürmchen. Der dekorative Schwerpunkt bildet eine Ikonostase (Ende 19. Jh./Anf 20. Jh.; neoklassizistisch), mit geschnitzten Rocailles geschmückt. An der Westfassade hat das Dach einen kleinen Tambour mit Kuppel, welches die Hauptfassade akzentuiert.
Das Seminargebäude (17./18. Jh.; Barock; nordöstlich von der Kathedrale) bildet einen großen Hof vor der Apsis der Kathedrale. Am Ostflügel des Seminars gibt es einen großen rechteckigen, von einstöckigen Bauten umgebenen Wirtschaftshof. Die Architektur ist asketisch – hufeisenförmig, dreistöckig und symmetrisch, mit Mansardendach. Das Plastische des Baus kommt durch die in den Ecken zusammengeworfenen Mauerblenden sowie den hohen Sockel zustande, auf dem die Mauerblenden in die Strebepfeiler übergehen. Der Bau hat eine gallerieartige Anordnung, die Korridore und Keller sind mit Kreuzgewölbe überdacht. Das Seminargebäude diente zu Sowjetzeiten als Lehranstalt (Technikum), seit 1989 ist hier wieder das orthodoxe theologische Seminar untergebracht.
In der Mitte in einem gesonderten Flügel befindet sich das Refektorium, das mit einem Tonnengewölbe bedeckt ist.
Das langgezogene, zweistöckige Wohngebäude schließt sich an die Kathedrale in Form eines Übergangs von Südwest an. Es hat eine gallerieartige Anordnung. Die Architektur ist im Großen und Ganzen sehr lakonisch: Die Fenster sind mit Fenstereinfassungen und kleinen Giebeln geschmückt. Unten gibt es eine Bogendurchfahrt.
Das einstöckige, hufeisenförmige Wirtschaftsgebäude an der Südwestfassade des Seminars bildet einen großen Hof. Aufgrund seiner praktischen/pragmatischen Bedeutung ist der Bau architektonisch entsprechend einfach gehalten, mit barocken und klassizistischen Elementen.
Die heiligen Quellen von Žyrovičy
Das Wasser aus der ältesten heiligen Quelle, welche sich in der Uspenskij-Kathedrale befindet, kann man auf dem Klostergelände erwerben. Die anderen beiden Quellen etwas außerhalb vom Ort sind täglich geöffnet: die alte Quelle (2. Hälfte 20. Jh; ca. anderthalb Kilometer westlich vom Dorf; daneben die Kapelle der Heiligen Olga) und die neue Quelle (nach 2000; ca. zwei Kilometer südöstlich, Landstrich Viknja). Hier kann man in das Wasser ganz eintauchen und das Wasser auch zum Mitnehmen selber abschöpfen (bringen Sie ein, zwei Flaschen mit!).
‚Regel‘ für das Eintauchen: Dreimal mit dem ganzen Körper unter Wasser und sich dabei bekreuzigen. Die Kälte spürt man nur in den ersten Sekunden; Sie werden schnell eine wohlige Wärme spüren! Normalerweise schlüpft man anschließend in seine Kleidung, ohne sich abzutrocknen.
Kleiner Tipp: Vor den Quellen bilden sich oft lange Touristenschlange, insbesondere an Samstagen. Besuchen Sie Žyrovičy also nach Möglichkeit unter der Woche!
Feiertag: Erscheinung der Ikone 7. Mai
André Böhm
Zehn Kilometer südlich entfernt von Slonim befindet sich Žyrovičy. Hier befindet sich eine der größten und ältesten Klosteranlagen des Landes, die auf eine lange Tradition zurückblicken kann. Besuchen Sie unbedingt eine der beiden Quellen und nehmen Weihwasser aus Žyrovičy mit nach Hause!
Mariä-Entschlafenskloster/Uspenskij-Kloster in Žyrovičy
Sehr traditionsreiches ehemaliges Unierten- und jetziges orthodoxes Kloster mit Kirchen und Priesterseminar – Wallfahrtsort – Žyrovičer Ikone der Gottesmutter Maria – heilige Quellen
Žyrovičy, eine der ältesten Städte in Belarus (heute mehr ein Dorf), liegt ca. zehn Kilometer südlich von Slonim am Fluss Ščara und ist vor allem für sein ehemaliges uniertes und heute orthodoxes Kloster bekannt, welches im 17. Jahrhundert eines der reichsten und größten in Belarus und Litauen war. Heute ist es eines der größten geistigen Zentren der Orthodoxie in Belarus sowie ein beliebtes Ziel für Wallfahrer. Falls Sie gläubig sind oder sich für Religion(sgeschichte) interessieren, lohnt sich ein Besuch auf jeden Fall. Verpflegung vor Ort ist kein Problem (bei vorheriger Anmeldung; s. Wohnen, Essen und Trinken), auch Übernachtung. Seit 1989 ist hier das Minsker Priesterseminar untergebracht. Das Landeskundliche Museum Slonim unterhält hier einen Ausstellungssaal (vul. Saveckaja 56) mit der Dauerausstellung seltener Bücher und Ikonen [Музей редкой книги и иконы]. Zudem liegt dieser heilige Ort landschaftlich sehr reizvoll, etwas erhöht und abseits von der Hektik des Großstadtalltags.
Ein heiliger Ort
Zum ersten Male urkundlich erwähnt wird der Ort zwischen 1493 und 1495 als Gut von Aljaksandr Soltan, Schatzmeister im Großfürstentum Litauen, der 1470 eine Kirche an der Stelle bauen ließ, an der ihm der Legende nach die Heilige Gottesmutter Maria erschien. An der Stelle des heutigen Klosters befand sich ein Waldgebiet, anstelle der Kathedrale war ein Birnbaum. Laut einer Legende erschien 1470 den Hirten Soltans auf diesem Birnenbaum das Bildnis der Gottesmutter Maria, für die anschließend erst eine Holzkirche, später dann eine Steinkirche gebaut wurde, um die herum dann ein Kloster entstand. Das Kloster wurde 1470 oder 1494 (je nach Version) gegründet. Um 1520 verschwindet bei einem Brand, bei dem viele Gebäude, auch die Holzkirche, zerstört werden, die Ikone, doch Kinder sehen laut einer weiteren Legende Maria mit dem Bild auf einem Steine sitzen. Ab 1609 war das Kloster uniert, ab 1613 gehörte es dem Basilianerorden.
Ein bisschen aus der Geschichte des Dorfes…
Anfang des 17. Jahrhunderts ist der Ort im Besitz der Sapiehas (ab 1609 ist das Kloster uniert), danach des Smolensker Kastellan Ivan Meleško, der es 1621 dem Žyrovičer Basilianer-Kloster übergab. Um die Kirche herum entstand langsam eine Siedlung. Das Basilianerkloster wurde 1587 zum ersten Male erwähnt. Dank dem Kloster entwickelte sich Žyrovičy im 17. Jahrhundert zu einem bedeutenden Handelszentrum mit eigenem Stadtwappen. 1652 wird dem Ort das Magdeburger Stadtrecht verliehen. 1655 (Russisch-polnischer Krieg) wird die Stadt mit dem Kloster von den Kosaken verbrannt. Ab 1795 (Dritte Teilung der Rzeczpospolita) gehört Žyrovičy zu Russland. Von 1810 bis 1828 ist es Residenz des Brester Uniertenbischofs, von 1828 bis 1839 ist es Sitz der Litauischen Diözese der Unierten Kirche Litauens, von 1840 bis 1845 ist Zentrum der orthodoxen Eparchie von Litauen.
Kirchen und Kloster
Das Mariä-Entschlafenskloster [Uspenskij-Kloster] (17./18. Jh.; erste Erwähnung 1587), ein (heute) orthodoxes Männerkloster, wurde 1470 (oder 1494) gegründet. Hier wird die Žyrovičer Ikone der Gottesmutter Maria – ein für Belarus sehr wichtiges geistiges Kulturgut – aufbewahrt. Die Klosteranlage in ihrer heutigen Form entstand im 17./18. Jahrhundert. Die Klosteranlage am hohen Ščara-Ufer mit der massiven weißen Mariä-Entschlafenskirche [собор Успенский; Uspenskij-Kathedrale], die sich zwischen grünen Hügeln und Wäldern hervorhebt, ist schon weit außerhalb der Stadt zu sehen.
Die Kirchen wurden in Žyrovičy bis Mitte des 19. Jahrhunderts gebaut. Zu der Anlage gehören neben den Kirchen ein dreistöckiges Kloster mit Seminar, Mönchsklausen, ein Refektorium, eine Kapelle und zahlreiche weitere Gebäude. Auch gab es hier eine kleine Druckerei, ein Garten mit Teichen an der Vichna, einem Zufluss der Ščara. Heute stehen dort noch die Mariä-Entschlafenskirche, die Erscheinungskirche, die Heilig-Kreuz-Kirche, die „warme“ (d. h. beheizte) Nikolajkirche, ein Glockenturm, das Priesterseminar (das neue Gebäude stammt aus dem Jahr 1956), ein Wohngebäude für die Mönche, Wirtschaftsgebäude, ein Refektorium sowie ein Obstgarten. Hier sind das Minsker Theologische Seminar und eine Kantorenschule untergebracht. Die Anlage, in der sich architektonische Stilformen aus Barock, Rokoko und Klassizismus vereinen, ist durch eine Steinmauer und Toren umgeben. Eine vierte Kirche, die Georgskirche (eine Holzkirche), befindet sich auf dem alten Friedhof, in der Nähe des Klosters.
Obwohl Žyrovičy im 17./18. Jahrhundert das Zentrum der unierten Kirche in Belarus ist, wird es später zum Zentrum der Vereinigung von unierter und orthodoxer Kirche. Ursprünglich waren die Gebäude aus Holz (verbrannt 1655). Die ursprüngliche Holzkirche (1550) verbrannte um 1560 und wird durch eine Steinkirche ersetzt, gestiftet von Leŭ Sapieha, der das Uniertenkloster mit Land, einem Gasthaus und einer Kirchenglocke unterstützt. Die Steinbauten wurden im Zeitraum von 1672 bis 1829 gebaut (Mariä-Entschlafens-Kathedrale, Erscheinungskirche, Heilig-Kreuz-Kirche; in einiger Entfernung die Georgskirche aus Holz). Das heutige Seminargebäude entstand erst 1956. Im 17. und 18. Jahrhundert ist der Ort ein geistiges und administratives Zentrum der belarussischen und litauischen Unierten. Ab 1644 (Besuch des polnischen König Władysław IV) beginnen Pilgerreisen. 1651 kommt dessen Nachfolger, der polnische König Johann II Kasimir, um der Ikone zu huldigen. Die 1655 von den Kosaken verbrannte Kirche wird 1667 wieder aufgebaut. Zum Kloster gehörte auch eine Laienschule, später eine höhere Lehranstalt, auf deren Grundlage 1828 das Litauische Theologische Seminar gegründet wurde.
Ende des 18. Jahrhunderts/Anfang des 19. Jahrhunderts wird Žyrovičy Residenz des unierten Bischofs von Brest (1810-1828) und später Litauens (1828-1839), einschließlich Seminar (eröffnet 1818). Außerdem gibt es hier ein Krankenhaus für zehn Personen.
Nach der Aufhebung der Brester Kirchenunion 1839 wurde das Kloster wieder orthodox, einschl. Priesterseminar (bis 1845) und Theologischer Schule (bis 1915). 1842 gehen fast alle Ländereien/Besitztümer in die Staatskasse über. 1845 zieht das Kloster nach Vilnius um, und in Žyrovičy wird eine theologische Lehranstalt eröffnet, die bis 1915 besteht; fünf Mönche wohnen zu der Zeit hier. Das Kloster besaß eine umfangreiche Bibliothek mit seltenen Manuskripten, darunter auch das Žyrovičer Evangelium, ein belarussisches Schriftdenkmal des 15. Jahrhunderts, welches sich heute in der Bibliothek der Akademie der Wissenschaften von Litauen befindet. Sowohl der Besitz des Klosters als auch das Archiv wurden während des Ersten Weltkrieges nach Russland gebracht, die berühmte Marienikone, die während des Krieges in der Basilius-Kathedrale in Moskau (direkt am Roten Platz), Asyl fand, kehrte zu Beginn der 1920er Jahre ins Kloster zurück. Die Deutschen zerstörten sehr viel, vor allem die Holz-Ikonostase.
In der Zwischenkriegszeit, als der Ort zu Polen gehört (1921-1939), wollen die übriggebliebenen Mönche das Kloster wiederbeleben und vor allem die Uspenskij-Kathedrale vor der Zerstörung retten. Von 1924 bis 1939 befindet sich in einem Teil der Klostergebäude eine landwirtschaftliche Schule. Die Gärten, der Wald, die Mühle und die Ziegelfabrik werden verstaatlicht. Im anderen Teil der Klostergebäude sollte ein katholisches Kloster untergebracht werden, aber dadurch dass zehn Nonnen aus Hrodna hierhin umgesiedelt wurden, blieb das Kloster orthodox. Die unierte Kirche wollte das Kloster zurück, sogar Prozesse drohten, aber der damalige Bischof Aleksij organisierte zum Protest eine Wallfahrt aller orthodoxen Gemeinden nach Žyrovičy, wodurch das Kloster orthodox blieb. In den 1930er Jahren sorgt Archimandrit Venedikt für die Reparatur der Gebäude, und zum ersten Male verlässt die Marienikone das Kloster und macht eine Reise durch das Hrodnaer Bistum. Sowohl in polnischer Zeit als auch zur Zeit der deutschen Okkupation im Zweiten Weltkrieg findet hier ein geistliches Leben, also Gottesdienste, statt.
Um die Gläubigen für sich einzunehmen, helfen die Deutschen zur Zeit der Okkupation (1941-1944) dem Kloster. Der damalige Archimandrit Serafim und Priester Grigorij Kudarenko besuchen viele Gemeinden in Belarussen, verlassen sich auf die Deutschen, werden nach der Befreiung jedoch verhaftet.
Nach dem Krieg gestaltet sich das Arrangement mit dem atheistischen Sowjetregime nicht ganz so schwierig, da auch die orthodoxe Kirche gegen den Faschismus gekämpft hatte. Das Kloster darf 36 ha Land behalten, betreibt weiter Landwirtschaft, zahlt Steuern. 1945 nimmt die Theologische Schule wieder ihren Betrieb auf, die 1947 in das Minsker Theologisches Seminar umgewandelt wird – das geistige Leben geht nach dem Krieg weiter. Aufgrund zu hoher Steuern muss das Kloster jedoch 1956 auf seine Länder (außer einem kleinem Garten) verzichten. 1957 sorgt Archimandrit Antonij wieder für die künstlerische Gestaltung des Klosters und der Kirchen (Fresken usw.). 1960 finden mehr als 70 Nonnen aus Hrodna und Polack (die dortigen Klöster waren geschlossen worden) Zuflucht in Žyrovičy und leben hier bis 1970. Ab den 1960er Jahre verfügt das Kloster praktisch über keine finanziellen Mittel mehr, bereits ab 1959 hatte das Sowjetregime die Einschreibung neuer Studentenjahrgänge verboten, das Seminar „liquidierte sich damit selbst“ (1963). Das 1945 eröffnete Priesterseminar wurde 1963 geschlossen und erst 1989 wiedereröffnet. In den 1960er Jahre verbreitet das Regime sogar das Gerücht, die Cholera grassiere im Kloster, als Vorwand, um das Kloster zu schließen, aber Kinder graben unter dem Zaun eine Art Gang, um Pilgerfahrern den Eintritt zu ermöglichen. 1980 leben 15 Männer und 33 Schwestern im Kloster. Immer wenn es gelang, eine neue Schwester amtlich anzumelden (die sog. „Propiska“), freute man sich. Mit der Perestrojka treten ab 1986 deutliche Veränderungen auf. 1988 (tausendjähriges Jubiläum der Taufe der Rus) findet eine Diözesalversammlung statt. 1989 nimmt das Theologische Seminar Minsk seine Arbeit wieder auf. 1991 wird das Theologische Seminar in eine Höhere Lehranstalt umgewandelt (Ausbildungszeit fünf Jahre). Ab Ende der 1980er Jahre werden umfangreiche Umbau- und Renovierungsarbeiten durchgeführt. 1994 wohnen hier 30 Personen.
Kloster und Kirchen heute
Heute besitzt das Uspenskij-Kloster 150 ha Land, einen großen Fischteich, und betreibt Landwirtschaft.
Die gesamte Klosteranlage bildet eine architektonische Einheit, die von der Mariä-Himmelfahrtskirche (1613-1650; Rekonstruktion 1828; Barock) dominiert wird. Diese dreischiffige Kreuzkuppelbasilika, die der Kathedrale in Mahiljoŭ ähnelt, hat eine Länge von 55 m und eine Höhe von über ca. 40 m (Kuppel) und besitzt außerdem einen Glockenturm (1. Hälfte 19. Jh.). Das Gotteshaus befindet sich auf der Hauptstraße, die sich an dieser Stelle zu einem Platz öffnet. Es ist ein monumentaler Prachtbau mit zwei Türmen aus der Zeit des Barock, der sein heutiges klassizistisches Aussehen durch die Renovierung 1828 erhielt, mit drei Kirchenschiffen, einer halbrunden Apsis und einer Kuppel. Unter der Apsis befindet sich eine Krypta mit Tonnengewölbe. Im Inneren sind barocke Züge erhalten. Über bedachte Durchgänge ist sie verbunden mit dem Seminargebäude und dem Wohngebäude, in dessen erster Etage sich eine Bogendurchfahrt befindet. Vom Süden und Norden her schließen sich drei ‚warme‘ (= geheizte) Kirchen an, die in die Kathedrale integriert sind (darunter auch die ‚warme‘ Nikolaikirche). Das Gewölbe und die Kuppel werden von sechs massiven Pfeilern gehalten. Im westlichen Kirchenbereich sind Chöre vorhanden, die man über Treppen erreichen kann. Das Innere der Kirche ist auf barocke Art pompös und stattlich ausgeschmückt mit entsprechenden Statuen und Malereien, dabei aber auch gut ausgeleuchtet.
Die Fassade hat Säulen dorischer Ordnung, d. h. zwei Säulenpaare im Mittelbereich sowie jeweils eine Säule an den Ecken, sowie Pilaster an den übrigen Maueroberflächen. Die Fassade endet mit Giebeln, das Dekor weist klassische Elemente und Motive byzantinischer Architektur auf (insbesondere das Portal). Das Mittelschiff hat Bogenfenster und ist mit hohen Arkaden abgetrennt und mit Tonnengewölbe bedeckt. Das Gewölbe ist mit Stuckornamenten und mit Fresken im Rokokostil verziert. Die monumentale Konche der Apsis ist mit Lünetten durchschnitten und mit der Freske Erlöser Pantokrator geschmückt. An der Wand ist ein katholischer Stuckaltar im Rokokostil erhalten. Die ovale Mittelkuppel wird von massiven kreuzförmigen Pfeilern gestützt.
Das Hauptelement im Inneren ist die sehr kunstvoll gestaltete Holzikonostase im Barockstil (Muscheln, Cherubim, Blumenornamente). Sie besteht in ihrer Grundstruktur aus einer Kolonnade korinthischer Ordnung mit Figurengiebeln. Die zweigliedrigen Seitenaltäre sind später entstanden.
Der zweistöckige, quadratische Glockenturm ist mit der Kathedrale durch eine einzige längliche planerische Achse verbunden und bildet davor einen Platz. Analog zur Kathedrale endet der Glockenturm mit einer halbkreisförmigen Kuppel. Er hat ein klassisches Ordnungssystem: Säulen, Gebälk, dreieckige Giebel, dorischer Fries.
Rechts vom königlichen Tor befindet sich die schon erwähnte Žyrovičer Ikone der Gottesmutter Maria mit Silberumfassung, die kleinste Marienikone überhaupt (5,6 х 4,4 cm). Freitags um 17 Uhr findet hier immer das Gebet mit Akathistos der Gottesmutter vor der Ikone statt. Die Kirche ist auch berühmt für viele Heilungen.
Unter der Kirche befindet sich auch die Heilquelle, die der Legende nach 1470, beim Entdecken der Ikone, zu sprudeln begann.
Die Entstehungsgeschichte der Kirche der Erscheinung des Herrn ist recht mysteriös. In unterschiedlichen Quellen werden mehrere Datierungen genannt: 1672 (rekonstruiert 1796), vor 1769 oder 1769. Das Gebäude ist dem Spätbarock zuzuordnen – Höhepunkt des Wilnaer Barock, als viele Kirchen uniert waren. Das Gotteshauses befindet sich auf dem Klostergelände zwischen der Kathedrale und den Mönchsklausen (Mitte des Klostergeländes, südöstlich von der Kathedrale) und hat einen rechteckigen Grundriss (Ausmaße: ca. 8 x 20 m). Es ist im Grunde genommen eine Kapelle ohne Turm. Während die Hauptfassade reichhaltig verziert ist (dünne Halbsäulen, Skulpturengiebel mit Seitenvoluten), sind die Seitenwände sehr asketisch gehalten (flach, mit Bogenfenstern und einfachen Fensterfassaden). Ein auffälliger mehrseitiger Tambour unter der Kuppel, gefertigt aus Holz und in den Dachstuhl eingefügt, versteckt die Silhouette noch. Unter der Kirche gibt es eine Krypta. Im Altar befindet sich Thronstein, auf dem die Jungfrau Maria nach einem Brand im 16. Jh. erschien, außerdem eine Gedenktafel (2002) zum zweiten Besuch des russischen Patriarchen. Die Ikone der Gottesmutter erschien hier mehrfach.
Die Heilig-Kreuz-Kirche (1769; Barock, Rokoko) steht auf dem höchsten Punkt des Klosters hinter der Kirche der Erscheinung des Herrn (südlicher Bereich des Klostergeländes) und ist dem im 18. Jahrhundert verbreiteten Brauch gewidmet, der die Pilgerreise nach Jerusalem symbolisiert. Insofern handelt es sich gewissermaßen um eine Kalvarienbergkirche (wenn auch dieser Begriff in Belarus und in der orthodoxen Kirchen nicht gebräuchlich ist). Die Leiden Christi imitieren auch die Gläubigen, wenn sie die Kirche betreten: Im Inneren ist die Kirche wie Golgota, der Ort, an dem Jesus der Überlieferung nach gekreuzigt wurde, gestaltet (Golgota bedeutet ‚Schädelberg‘, lat. Calvaria/Kalvaria) und imitiert die Pilgerreise nach Jerusalem, so dass das Betreten der Kirche die Gläubigen nach Golgota versetzen soll, weswegen man in die Kirche nur über eine lange Paradetreppe gelangt (als Anspielung auf Jerusalem und Jesu langen Leidensweg). Innen gehen die Gläubigen über breite Eingangsstufen kniend nach oben, zur Freske der Kreuzigungsszene, am Altar, gemalt von Mönch Šašalevič, durch die als Verlängerung der Treppe ein illusorischer Effekt entsteht (erzeugt wird der Eindruck von Endlosigkeit und Offenheit des Raumes). Die Treppe nimmt die Hälfte des Innenraumes der Kirche ein und führt direkt zum kunstvoll bemalten Altar. Die großen Fenster beleuchten den Innenraum gut und ermöglichen eine gute Wahrnehmung der Malereien. In der Komposition der üppig verzierten Hauptfassade ist eine strenge Symmetrie erkennbar. Die Türöffnung, das Fenster, die Nischen, das Tambourfenster befinden sich auf der zentralen Achse. Die Kirche ist schlicht gebaut, rechteckig, ohne Altarapsiden und hat hohe Giebeldächer. An der Wand hängt ein Panorama; dadurch entsteht der Eindruck der Tiefe bei einer vergleichsweise geringen Größe der Kirche (12 x 25 m). Die Hauptfassade hat langgezogene Proportionen und endet mit hohem Giebel mit Türmchen; ein ähnlicher Turm erhebt sich über der Altarwand. Die Kirche hat einen Glockenturm und zudem zwei hohe schlanke Türme mit Kuppeln.
Gegenüber der Uspenskij-Kathedrale steht eine Kapelle (1828; Klassizismus), die aus zwei Teilen besteht. Beim unteren Teil handelt es sich um die eigentliche Kapelle, der obere Teil ist der Glockenturm, der mit einer Kuppel endet. Architektonisch steht die Kapelle der Kathedrale nahe, ist aber im Klassizismus-Stile gehalten. Hier bekommt man geweihtes Wasser.
Obwohl die Georgskirche [Свято-Георгиевская церковь] (Ende 18. Jh.; Holzkirche; Barock), die sich auf dem alten Friedhof befindet, zur Klosteranlage gehört, steht sie in architektonischer Hinsicht mit ihr nicht in Verbindung. Es handelt sich um einen recht einfachen Bau, wie er für belarussische Holzarchitektur (speziell für Holzkirchen) nicht untypisch ist, mit Giebeldach (dreieckiger Giebel), bestehend aus einem rechteckigen Bauteil mit einer fünfseitigen Apsis, außerdem mit barockem Figurentürmchen. Der dekorative Schwerpunkt bildet eine Ikonostase (Ende 19. Jh./Anf 20. Jh.; neoklassizistisch), mit geschnitzten Rocailles geschmückt. An der Westfassade hat das Dach einen kleinen Tambour mit Kuppel, welches die Hauptfassade akzentuiert.
Das Seminargebäude (17./18. Jh.; Barock; nordöstlich von der Kathedrale) bildet einen großen Hof vor der Apsis der Kathedrale. Am Ostflügel des Seminars gibt es einen großen rechteckigen, von einstöckigen Bauten umgebenen Wirtschaftshof. Die Architektur ist asketisch – hufeisenförmig, dreistöckig und symmetrisch, mit Mansardendach. Das Plastische des Baus kommt durch die in den Ecken zusammengeworfenen Mauerblenden sowie den hohen Sockel zustande, auf dem die Mauerblenden in die Strebepfeiler übergehen. Der Bau hat eine gallerieartige Anordnung, die Korridore und Keller sind mit Kreuzgewölbe überdacht. Das Seminargebäude diente zu Sowjetzeiten als Lehranstalt (Technikum), seit 1989 ist hier wieder das orthodoxe theologische Seminar untergebracht.
In der Mitte in einem gesonderten Flügel befindet sich das Refektorium, das mit einem Tonnengewölbe bedeckt ist.
Das langgezogene, zweistöckige Wohngebäude schließt sich an die Kathedrale in Form eines Übergangs von Südwest an. Es hat eine gallerieartige Anordnung. Die Architektur ist im Großen und Ganzen sehr lakonisch: Die Fenster sind mit Fenstereinfassungen und kleinen Giebeln geschmückt. Unten gibt es eine Bogendurchfahrt.
Das einstöckige, hufeisenförmige Wirtschaftsgebäude an der Südwestfassade des Seminars bildet einen großen Hof. Aufgrund seiner praktischen/pragmatischen Bedeutung ist der Bau architektonisch entsprechend einfach gehalten, mit barocken und klassizistischen Elementen.
Die heiligen Quellen von Žyrovičy
Das Wasser aus der ältesten heiligen Quelle, welche sich in der Uspenskij-Kathedrale befindet, kann man auf dem Klostergelände erwerben. Die anderen beiden Quellen etwas außerhalb vom Ort sind täglich geöffnet: die alte Quelle (2. Hälfte 20. Jh; ca. anderthalb Kilometer westlich vom Dorf; daneben die Kapelle der Heiligen Olga) und die neue Quelle (nach 2000; ca. zwei Kilometer südöstlich, Landstrich Viknja). Hier kann man in das Wasser ganz eintauchen und das Wasser auch zum Mitnehmen selber abschöpfen (bringen Sie ein, zwei Flaschen mit!).
‚Regel‘ für das Eintauchen: Dreimal mit dem ganzen Körper unter Wasser und sich dabei bekreuzigen. Die Kälte spürt man nur in den ersten Sekunden; Sie werden schnell eine wohlige Wärme spüren! Normalerweise schlüpft man anschließend in seine Kleidung, ohne sich abzutrocknen.
Kleiner Tipp: Vor den Quellen bilden sich oft lange Touristenschlange, insbesondere an Samstagen. Besuchen Sie Žyrovičy also nach Möglichkeit unter der Woche!
Feiertag: Erscheinung der Ikone 7. Mai
André Böhm
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