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Pórazava (blr. Поразава; russ. Порозовo)
Kirche des hlg. Erzengels Michael (kath.) – Dreifaltigkeitskirche (orth.) – ehemalige Synagoge (verfallen) – Landgut „Bahudzenki“ – Heimat von Viktar Šalkevič
Diese Siedlung am Fluss Ros, die heute ca. 1200 Einwohner zählt, kann man schwerlich als Dorf bezeichnen, war sie doch früher ein Städtchen [мястэчка], ein kleines regionales Zentrum, welches, seit dem 15. Jahrhundert bekannt, 1523 das Magdeburger Stadtrecht verliehen bekam, mit zwei Kirchen (katholisch und russisch-orthodox) und einer aktiven jüdischen Gemeinde; also mit einer Synagoge, die heute noch steht. Im 19.Jahrhundet/Anfang des 20. Jahrhundert war Porazava das Zentrum des Töpferhandwerks, in dem gut 200 Handwerker tätig waren und vor allem Geschirr aus Keramik hergestellt wurde. Von 1921 bis 1939 gehörte es zu Polen.
Heute kann sich Porazava noch zweier Kirchen, der kath. Kirche des hlg. Erzengels Michael (1825-1828) und der orthodoxen Dreifaltigkeitskirche (1872), rühmen. Außerdem steht am Stadtrand ein Landgut, hier gibt es das ehemalige Gebäude einer Synagoge und eine Wassermühle aus Holz.
In der Ortsmitte stehen noch einige einstöckige Häuser vom Ende des 19. Jahrhunderts/erste Hälfte des 20. Jahrhundert. An der orthodoxen Kirche laufen die vier Straßen des Ortes zusammen, die in die vier Himmelsrichtungen führen: vul. Lenina (in Richtung Padarosk, nach der katholischen Kirche vul. Padaroskaja), vul. Saveckaja (Richtung Vaŭkavysk/P78), vul 1 Maja (Richtung Svislač) und vul. Jakuba Kolasa (Richtung Novy Dvor/Pružany) An der vul. Saveckaja/P78 (stadtauswärts) steht rechterhand eine Synagoge (Ende 19. Jh.), bei der es sich möglicherweise um die einzige Synagoge in Belarus handelt, die aus Bruchstein gebaut wurde. Die Synagoge macht einen imposanten Eindruck, ist als jüdisches Gotteshaus aber nicht mehr erkennbar, sondern wirkt stattdessen eher wie eine große Scheune – ein Schicksal, das der Bau in Porazava mit vielen anderen ehemaligen Synagogen in Belarus teilt.
Etwas weiter auf der Straße, ebenfalls auf der rechten Seite, steht die Mühle (Ende 19. Jh./1. Hälfte 20. Jh.), sehr verfallen, aber ‚geöffnet‘, d. h. Sie können gerne eintreten und sich ein Bild davon machen (aber Vorsicht!).
Die katholische Kirche des hlg. Erzengels Michael [Костёл Святого Михаила Архангела] (1825-1828; Klassizismus; vul. Lenina/vul. Padaroskaja), zu der auch ein vollständig erhaltenes, aber stark verfallenes Pfarrhaus (1907) gehört, wurde aus Ziegelsteinen und Bruchstein errichtet. Es handelt sich um ein rechteckiges Gebäude mit Giebeldach, die Hauptfassade weist einen dreieckigen Giebel mit Zwiebelhelm auf. Die grauen, aus Stoßstein bestehenden Wände, harmonieren gut mit den verputzten und geweißten Fensterumrahmungen, Pilastern, Friesen und Karniesen. Das Grundstück ist von einer massiven Steinmauer umgeben, als Eingangstor mit ebenso massiven Mauern dient ein Glockenturm; die Glocke wurde 1748 gegossen. Im Inneren ist die Kirche mit einer flachen Holzdecke ausgestattet. Entlang der Westwand gibt es Chöre, außerdem Altäre, ein Katheder und Holzskulpturen (18. Jh.).
Bei der orthodoxen Dreifaltigkeitskirche [Свято-Троицкая церковь] (1872; neobyzantinisch an der Straßenkreuzung im in der Ortsmitte bzw. P47/P78) handelt es sich um eine ‚typische‘ russisch-orthodoxe Kirche im neobyzantinischen Stil, gebaut aus Ziegelsteinen, bestehend aus einem würfelförmigen Narthex, einem Refektorium und einer fünfseitigen Apsis. Das Kirchenschiff endet mit einer zwiebelförmigen Kuppel, an den Rändern gibt es Zwiebeltürmchen, über dem Narthex erhebt sich ein achtseitiger Glockenturm.
Das Landgut „Bahudzenki“, welches sich am nordöstlichen Ortsrand befindet (P78/Straße Richtung Vaŭkavysk), gehörte einst der Familie Butaŭt-Andrejkovič. Hierzu gehören ein Holzhaus mit zwei turmartigen Ausluchten (19. Jh.), Wirtschaftsgebäude und ein Park. Alles ist natürlich recht verfallen, aber noch mehr oder weniger vollständig vorhanden. Der hinter dem Haus befindliche Park, in dem überwiegend Linden und Pappeln wachsen, ist als solcher kaum noch erkennbar. Das Holzhaus selber ist verschlossen. In der Architektur des Gutshauses vereinigen sich Züge von Barock und Klassizismus. Das Gebäude hat einen rechteckigen Grundriss und ein hohes Giebeldach, die zweistöckigen Ausluchten, welche die Hauptfassade flankieren, enden mit Zeltdächern. Der Haupteingang befindet sich unter einem aus vier Säulen bestehenden Vordach, die Hauptfassade ist mit Schnitzereien geschmückt (Balustern, Voluten, Fensterverkleidungen). Die rechteckigen Fenster haben Risalite, über dem mittleren Fenster gibt es eine Mansarde, an der Hauptfassade haben sie rechteckige Vorsprünge, an den Seiten kleine Erker. Die Wände sind außen verschalt und innen verputzt.
Auf dem (katholischen) Friedhof des Ortes findet man u. a. das Grab von Kazimir Šalkevič, Teilnehmerdes Aufstandes von 1863/64 und vermutlich ein Vorfahr von Viktar Šalkevič.
Viktar Šalkevič (blr. Віктар Шалкевіч; russ. Виктор Шалкевич), geb. 1959
In Porazava geborener und aufgewachsener belarussischer Liedermacher, der vor allem wegen seiner humoristischen und satirischen Liedtexte bekannt ist. Er gehört auch zum Ensemble des Puppentheaters in Hrodna, gibt viele Konzerte u. a. in Minsk, lebt in Hrodna.
André Böhm
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