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Larysa Henijuš (1910-1983)
Zelva – Heimat von Larysa Henijuš

Die ca. 8000 Einwohner zählende Stadt Zelva liegt sehr malerisch an einem großen Stausee, der die Stadt mit Wasser versorgt und für die Einheimischen ein beliebtes Naherholungsgebiet darstellt, sowie im Fluss Zalvjanka (russ. Zelvjanka/Зельвянка). Außerdem ist Zelva Heimat der Dichterin Larysa Henijuš, die hier von 1956 bis zu ihrem Tod 1983 lebte.

Das Larysa-Henijuš-Denkmal steht direkt an der orthodoxen Kirche, gegenüber des Wohnhauses der Dichterin.


LARYSA HENIJUŠ (blr. Ларыса Геніюш; russ. Лариса Гениюш), 1910 – 1983

Larysa Henijuš, vor allem als Verfasserin von Gedichten bekannt, hatte kein einfaches Los: Im Ausland setzte sie sich als politische Aktivistin für ein unabhängiges Belarus ein und wurde dafür nach dem Krieg mit Lagerhaft und einer Art innerer Migration – sie durfte die Sowjetunion nach ihrer frühzeitigen Haftentlassung nicht mehr verlassen und blieb bis zu ihrem Lebensende in Zelva – bestraft. Aus Sicht der heutigen Behörden im Ort ist Larysa Henijuš nach wie vor eine Staatsfeindin, Veranstaltungen (Buchpräsentationen usw.) werden meistens verboten. Treffpunkt für Literaturfans ist das Larysa-Henijuš-Denkmal an der orthodoxen Kirche gegenüber dem ehemaligen Wohnhaus der Dichterin.
1935 heiratet sie Janka Henijuš, der zu dem Zeitpunkt in Prag Medizin studiert, 1937 folgt sie ihm nach Prag nach, wo sie Kontakte zur belarussische Diaspora, insbesondere zur Belarussischen Volksfront (BNF) unterhält und auch für die Exilregierung der nicht mehr existierende Belarussischen Volksrepublik arbeitet (die Exilregierung war ursprünglich nach Vilnius gegangen und später nach Prag). In Prag ist es u. a. ihre Aufgabe, das Archiv der BNF zu sichten, zu ordnen und vor dem Zugriff des deutschen, später des sowjetischen Geheimdienstes zu verstecken. 1948 wurden Larysa Henijuš und ihr Mann an die Sowjetunion ausgeliefert, wo sie zu 25 Jahren Lagerhaft verurteilt werden. Offizielle Anklage: Kollaboration mit den Nazis. Die Unterschriften in dem Brief der Exilregierung der BNF, den sie und ihre Mann (und andere) angeblich an Adolf Hitler geschickt hatten, waren gefälscht. 1956 kam das Ehepaar vorzeitig frei, durften aber nicht in die Tschechoslowakei ausreisen und gingen stattdessen nach Zelva, wo sie bis zu ihrem Tode im Elternhaus von Larysas Mann wohnten. Larysas Vater selber war kurz nach dem Anschluss von Westbelarus als Kulak (Großbauer) verhaftet und erschossen worden, ihre Mutter und zwei ihrer Schwestern wurden nach Kasachstan zwangsumgesiedelt. Larysa Henijuš weigerte sich zeit ihres Lebens, die sowjetische Staatsbürgerschaft anzunehmen. Larysa und Janka Henijuš hatten einen Sohn, Jury (1935 – 1985).
Erste Gedichte von ihr erschienen bereits zur Zeit der deutschen Okkupation in Prag, u. a. in der Zeitschrift belarussischer Emigranten Ranica (= Morgen; ab 1939) in Berlin. Ihr erster Gedichtband – Von der heimatlichen Flur (blr. Ад родных ніў) – erschien 1942. Nach Ihrer Haftentlassung darf sie zunächst nicht publizieren, es erscheinen lediglich einzelne Gedichte sowie Kinderbücher. Erst 1967 erscheint mit Unterstützung des Dichters Maksim Tank (1912-1995) ihr erster Gedichtband in Belarus, Mit dem Fischernetz aus dem Njoman (blr. Невадам з Нёмана). 1990, sieben Jahr nach ihrem Tode, erscheinen unter dem Titel Beichte (blr. Споведзь) ihre Lebenserinnerungen; hier beschreibt Larysa Henijuš ihre Kindheit, die für Weißrussen schwierigen Jahre in der Zwischenkriegszeit, als der westliche Teil von Belarus zu Polen gehörte, sowie ihre Zeit in Prag und die Lagerhaft.

André Böhm
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