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Multikonfessionalitaet in Belarus
Nastja (aus Iŭje stammend) und ihre Freundin Julia berichten über das friedliche Zusammenleben der drei monotheistischen Religionen in Belarus, für das das Städtchen Iŭje ein Paradebeispiel darstellt.
IŬJE – DIE STADT DER VIER GLAUBENSRICHTUNGEN
Nicht weit von der Stadt Lida, im Hrodnaer Gebiet (ca. 150 km östlich von Hrodna, ziemlich genau in der Mitte zwischen Minsk und Hrodna), befindet sich die Stadt Iŭje. Es gibt hier keine großen Betriebe. Das Leben ist hier leise und friedlich. Aber trotzdem ist das Städtchen nicht ganz unbekannt, zumindest für diejenigen, die sich für Kultur und Religion interessieren: Es ist das Städtchen der drei Religionen. Die Stadt Iŭje gilt als ein Beispiel von Glaubensfreiheit und nationaler Toleranz. Hier leben vier Religionen bzw. vier Konfessionen friedlich neben- und miteinander, es gibt hier eine Moschee, eine orthodoxe Kirche und eine katholische Kirche. Früher wohnten hier noch die Juden, aber während des Zweiten Weltkrieges wurden sie alle ermordet.
In der Stadt Iŭje war ich niemals. Aber ich hatte Glück, die Stadt zu besuchen. Zuerst habe ich die Geschichte gelesen und erfuhr so, dass in den schriftlichen Quellen die Stadt im Jahre 1444 zum ersten Mal erwähnt wurde. Die Stadt liegt am Fluss Iŭjanka, zwischen den Wäldern Nalibockaja Pušča und den umfangreichen Sümpfen entlang dem Fluss Haŭja. Deshalb verliefen in der Vergangenheit Handelswege durch Iŭje, was zu seiner Entwicklung beitrug. Iŭje besteht aus zwei selbständigen Bezirken. Der Nordteil der Stadt ist der jüdische Flecken. Der Südteil der Stadt ist das tatarische Dorf. Die Stadt bekam ihren Nahmen vom tatarischen Wort «Өyә, Eve» („Netz“, „Wohnfläche“).
Nach dem Besuch der Stadt Iŭje war ich erstaunt. Iŭje ist eine Stadt, wo vier Religionen bzw. Konfessionen miteinander verbunden sind und das Leben sehr freundlich ist. Iŭje ist eine kleine Stadt, die ungewöhnlich und schön aussieht.
Denkmal der vier Konfessionen
Im Jahre 2012 wurde auf dem zentralen Platz von Iŭje das Denkmal „Zu Ehren der Freundschaft und der Einheit der Konfessionen der Iŭje-Region“ (russ. „В честь дружбы и единства конфессий Ивьевщины“) installiert, welches den vier Konfessionen gewidmet ist. Es stellt vier majestätische Bögen dar, von denen jeder einer der vier Konfessionen gewidmet ist, deren Vertreter in Iŭje und dem Rajon leben: den Katholiken, den Orthodoxen, den Moslems und den Juden. Während der feierlichen Eröffnung des Denkmales weihten die Vertreter der vier Konfessionen ihren Teil jeweils ein. Jede Konfession gestaltete eine Seite des Denkmals, und jede Seite des Denkmals ist auf das Gotteshaus der jeweiligen Religion ausgerichtet: Die katholische Seite sieht in Richtung katholischer Kirche, der islamische Teil in Richtung Moschee, der orthodoxe Teil in Richtung orthodoxer Kirche und der jüdische Teil in Richtung Synagoge.
Die Moschee
Das erste, was ich gesehen habe, als ich in die Stadt kam, um meine Freundin Nastja zu besuchen, war die grün angestrichene Moschee, die sich auf der vul. Saveckaja („Sowjetstraße“) befindet. Von meiner Freundin, die aus dieser Stadt kommt, erfuhr ich, dass diese Moschee im Jahre 1884 erbaut wurde. Sie entspricht dem Stil des ausgehenden 19./beginnenden 20. Jahrhunderts. Vor ihr befindet sich ein kleiner Platz, von dem aus sich der Blick auf den hohen spitzen Turm eröffnet, der oben von einem vergoldeten Halbmond gekrönt ist. Die Moschee ist in zwei Hälften geteilt, einen Raum für die Männer und einen für die Frauen. Die Moschee wird durch eine Wand mit verhängten Fenstern unterteilt. Die Frauen hören der Messe zu, und die Männer beten. Das rechteckige Gebäude hat in der Männerhälfte den Mihrab, bestehend aus fünf Wänden, der mit Schnitzwerk und arabischen Aussprüchen aus dem Koran geschmückt ist. Rechts des Mihrab gibt es eine Erhöhung mit einen Vorsprung auf den Säulen, von wo aus der Mullah während der Messe und der Feiertage predigt. Neben der Moschee trafen meine Freundin und ich eine Tatarin, die Russisch sprach. Ich war verwundert, dass sie nicht die tatarische Sprache benutzte. Und meine Freundin sagte mir, dass die hiesigen Tataren die tatarische Sprache „verloren“ (verlernt) haben. Es sind nur einzelne Wörter übrig geblieben. Wahrscheinlich hat es damit zu tun, dass es hier keine spezialisierte Bildungseinrichtung gibt. Aber jeder muss die arabische Sprache kennen, um den Koran zu lesen. Aber es gibt sehr wenige Tataren, die die arabische Sprache beherrschen, auf der die geistliche Literatur hauptsächlich verlegt wird. Die tatarischen Kinder besuchen gewöhnliche Kindergärten. Sie lernen mit belarussischen Kindern in der gewöhnlichen Mittelschule und im Gymnasium zusammen – obwohl es in der Stadt noch bis zum Krieg eine tatarische Schule gab, wo die Kinder den Koran lasen und die arabische Sprache lernten.
Aus der Geschichte der Stadt erfuhr ich, dass Iŭje die inoffizielle tatarische „Hauptstadt“ von Belarus ist. Hier leben seit langem Tataren. Die ersten Tataren tauchten in Belarus vor über 600 Jahren auf. Im Jahre 1397 lud der litauische Großfürst Vytautas (Witold) tatarische Krieger ein, die Grenzen des Großfürstentums Litauen zu beschützen. Sie dienten gut, deshalb verlieh der Fürst ihnen Titel und schenkte ihnen Land. Mit der Zeit näherten sich die Tataren an den Nachbarn so an, dass die tatarischen Familiennamen anfingen, zuerst polnisch und später belarussisch zu klingen. Deshalb sind gemischte Ehen für die Stadt keine Seltenheit. Es zeigt sich, dass sich eine tatarische Hochzeit wenig von einer belarussischen Hochzeit unterscheidet. Der Name für die islamisch-tatarische Eheschließung (arab. Nikah) wird aus dem Arabischen mit „Vertrag“ übersetzt. Ihre Feste, wie z.B. das islamische Opferfest und das Fest des Fastenbrechens, feiern die Tataren mit der ganzen Gemeinde, Gerichte aus der Nationalküche der Tataren werden hier zubereitet.
Die katholische Kirche
Im Anschluss besuchten wir die katholische Peter- und Pauls-Kirche [костёл святых апостолов Петра и Павла], die sich auf der Straße vul. Karla Marksa 51 befindet und zu der bis ins 19. Jahrhunderte ein Bernhardiner-Kloster gehörte. Ein Teil der Klostergebäude ist auch noch erhalten. Die Kirche steht an der Stelle einer altertümlichen gotischen Kirche, deren Errichtung auf 1491 bis 1495 Jahren datiert. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde die Kirche in eine calvinistische Kathedrale umgebaut. Von 1585 bis 1593 betrieben Arianer bei der Kirche eine Druckerei und eine Schule. Während des russisch-polnischen Krieges (1654-1667) wurde die Kirche ganz zerstört. Und im 18. Jahrhundert begann man an dieser Stelle mit der Errichtung einer neuen Kirche im Barockstil. Die Kirche hat zwei Türme. Die Hauptfassade der Kirche ist in zwei Ebenen unterteilt. Die untere Ebene ist mit feinen Pilastern geschmückt, und die obere Ebene besteht aus zwei Kunsttürmen mit zwei Kuppeln und einer zentralen Attika dazwischen. An den Ecken des Hauptbaus befinden sich gestufte Strebepfeiler. Neben der katholischen Kirche befindet sich eine Christusskulptur, die genauso aussieht, wie die in Rio de Janeiro (Cristo Redentor). Die katholische Kirche in der Stadt Iŭje ist sehr altertümlich. Die Messe wird in polnischer Sprache gehalten. Traditionell gibt es sehr viele Farben, die sehr schönen Altäre mit den altertümlichen Statuen der Jungfrau Maria, Christus und der Apostel. Die katholische Kirche steht an einer malerischen Stelle. Der Garten der Kirche steigt zum Wasser herunter. Die Statuen der Heiligen begegnen den spazierenden Menschen auf den Pfaden des Gartens.
Die orthodoxe Kirche
Zuerst war im Gebäude der orthodoxen Kirche (Adresse: vul 1. Maja) eine Geburtsklinik untergebracht, später ein Kindergarten. Jetzt ist es eine orthodoxe Kirche. Das ist so gut wie alles, was über diesen Bau bekannt ist, weil die orthodoxe Religion in der Stadt die jüngste Konfession ist und der orthodoxe Glaube hier früher (vermutlich) keine so große Rolle spielte. Es gibt auch kaum Darstellungen oder Beschreibungen des Aussehens dieser Kirche. Und selbst auf Russisch ist es schwer, die Kirche zu beschreiben.
Das ursprüngliche Wohnhaus (später Geburtsklinik und Kindergarten) wurde 1994 in eine orthodoxe Kirche umgebaut. Die Kirche des heiligen Märtyrers Gavriil von Białystok (russ. Храм святого мученика младенца Гавриила Белостокского) wurde in einem Gebäude untergebracht, das zu Beginn des 20. Jahrhunderts als Wohnhaus diente. Nach dem Zweiten Weltkrieg diente der Bau als Geburtsklinik. Und auch nach 1970 Jahren waren hier viele Kinder, aber schon größere: Das Gebäude fungierte da als Kindergarten. Und erst im Jahre 1993 hat man das Gebäude der orthodoxen Gemeinde übergeben. 1995 wurde wichtig für die Kirche, da die Kirche der heilige Patriarch von Moskau und ganz Russland Aleksij II besuchte. Die Kirche ist durch die einzigartige Ikone der Kasaner Gottesmutter bekannt, die, was merkwürdig klingt, „im Kosmos war“. In der Stadt wohnt ein Kosmonaut, der aus Iŭje stammt – er hat diese Ikone in den Kosmos mitgenommen. Und diese Ikone kreiste zwölfmal um die Erde.
Die Synagoge
Über das jüdische Leben und über die Synagoge, die im 19. Jahrhundert im barocken Stile gebaut wurde, ist nur wenig bekannt. Vor der Oktoberrevolution lebten hier etwa 1400 Juden, denen 150 Häuser gehörten. Bis zur ersten Hälfte des 20 Jahrhunderte ist das Gebäude der Synagoge erhalten geblieben. Es gab zuerst vier Gebäude, die für vier verschiedene Stände errichtet wurden. Das erste Gebäude war für ausländische Kaufleute und Händler bestimmt, das zweite Gebäude war für die Handwerker, und das dritte Gebäude galt den armen Menschen. Heute stehen die meisten dieser Gebäude nicht mehr. In einem Gebäude ist jetzt eine Sportschule untergebracht. Im dritten Gebäude befindet sich eine Kantine. Und im vierten Gebäude ist jetzt ein Geschäft untergebracht.
Museum der Nationalkulturen
Außerdem besuchten wir das Museum der Nationalkulturen. Das ist das einzige Museum seiner Art in Belarus und wurde im Jahre 2009 gegründet. Hier gibt es einen Saal, der der tatarischen Geschichte und der Kultur gewidmet ist. Der zweite Saal ist der Geschichte der Juden gewidmet. Und ein Saal befasst sich mit dem Zweiten Weltkrieg. Fast jeden Monat kann man verschiedene Ausstellungen besuchen. Sehr bekannt war die Ausstellung „Unter dem einzigen Himmel durch die Jahrhunderte“ (blr. „Пад адзіным небам праз стагоддзі“).
Anastasiya Yedko, Julia Stableckaja
IŬJE – DIE STADT DER VIER GLAUBENSRICHTUNGEN
Nicht weit von der Stadt Lida, im Hrodnaer Gebiet (ca. 150 km östlich von Hrodna, ziemlich genau in der Mitte zwischen Minsk und Hrodna), befindet sich die Stadt Iŭje. Es gibt hier keine großen Betriebe. Das Leben ist hier leise und friedlich. Aber trotzdem ist das Städtchen nicht ganz unbekannt, zumindest für diejenigen, die sich für Kultur und Religion interessieren: Es ist das Städtchen der drei Religionen. Die Stadt Iŭje gilt als ein Beispiel von Glaubensfreiheit und nationaler Toleranz. Hier leben vier Religionen bzw. vier Konfessionen friedlich neben- und miteinander, es gibt hier eine Moschee, eine orthodoxe Kirche und eine katholische Kirche. Früher wohnten hier noch die Juden, aber während des Zweiten Weltkrieges wurden sie alle ermordet.
In der Stadt Iŭje war ich niemals. Aber ich hatte Glück, die Stadt zu besuchen. Zuerst habe ich die Geschichte gelesen und erfuhr so, dass in den schriftlichen Quellen die Stadt im Jahre 1444 zum ersten Mal erwähnt wurde. Die Stadt liegt am Fluss Iŭjanka, zwischen den Wäldern Nalibockaja Pušča und den umfangreichen Sümpfen entlang dem Fluss Haŭja. Deshalb verliefen in der Vergangenheit Handelswege durch Iŭje, was zu seiner Entwicklung beitrug. Iŭje besteht aus zwei selbständigen Bezirken. Der Nordteil der Stadt ist der jüdische Flecken. Der Südteil der Stadt ist das tatarische Dorf. Die Stadt bekam ihren Nahmen vom tatarischen Wort «Өyә, Eve» („Netz“, „Wohnfläche“).
Nach dem Besuch der Stadt Iŭje war ich erstaunt. Iŭje ist eine Stadt, wo vier Religionen bzw. Konfessionen miteinander verbunden sind und das Leben sehr freundlich ist. Iŭje ist eine kleine Stadt, die ungewöhnlich und schön aussieht.
Denkmal der vier Konfessionen
Im Jahre 2012 wurde auf dem zentralen Platz von Iŭje das Denkmal „Zu Ehren der Freundschaft und der Einheit der Konfessionen der Iŭje-Region“ (russ. „В честь дружбы и единства конфессий Ивьевщины“) installiert, welches den vier Konfessionen gewidmet ist. Es stellt vier majestätische Bögen dar, von denen jeder einer der vier Konfessionen gewidmet ist, deren Vertreter in Iŭje und dem Rajon leben: den Katholiken, den Orthodoxen, den Moslems und den Juden. Während der feierlichen Eröffnung des Denkmales weihten die Vertreter der vier Konfessionen ihren Teil jeweils ein. Jede Konfession gestaltete eine Seite des Denkmals, und jede Seite des Denkmals ist auf das Gotteshaus der jeweiligen Religion ausgerichtet: Die katholische Seite sieht in Richtung katholischer Kirche, der islamische Teil in Richtung Moschee, der orthodoxe Teil in Richtung orthodoxer Kirche und der jüdische Teil in Richtung Synagoge.
Die Moschee
Das erste, was ich gesehen habe, als ich in die Stadt kam, um meine Freundin Nastja zu besuchen, war die grün angestrichene Moschee, die sich auf der vul. Saveckaja („Sowjetstraße“) befindet. Von meiner Freundin, die aus dieser Stadt kommt, erfuhr ich, dass diese Moschee im Jahre 1884 erbaut wurde. Sie entspricht dem Stil des ausgehenden 19./beginnenden 20. Jahrhunderts. Vor ihr befindet sich ein kleiner Platz, von dem aus sich der Blick auf den hohen spitzen Turm eröffnet, der oben von einem vergoldeten Halbmond gekrönt ist. Die Moschee ist in zwei Hälften geteilt, einen Raum für die Männer und einen für die Frauen. Die Moschee wird durch eine Wand mit verhängten Fenstern unterteilt. Die Frauen hören der Messe zu, und die Männer beten. Das rechteckige Gebäude hat in der Männerhälfte den Mihrab, bestehend aus fünf Wänden, der mit Schnitzwerk und arabischen Aussprüchen aus dem Koran geschmückt ist. Rechts des Mihrab gibt es eine Erhöhung mit einen Vorsprung auf den Säulen, von wo aus der Mullah während der Messe und der Feiertage predigt. Neben der Moschee trafen meine Freundin und ich eine Tatarin, die Russisch sprach. Ich war verwundert, dass sie nicht die tatarische Sprache benutzte. Und meine Freundin sagte mir, dass die hiesigen Tataren die tatarische Sprache „verloren“ (verlernt) haben. Es sind nur einzelne Wörter übrig geblieben. Wahrscheinlich hat es damit zu tun, dass es hier keine spezialisierte Bildungseinrichtung gibt. Aber jeder muss die arabische Sprache kennen, um den Koran zu lesen. Aber es gibt sehr wenige Tataren, die die arabische Sprache beherrschen, auf der die geistliche Literatur hauptsächlich verlegt wird. Die tatarischen Kinder besuchen gewöhnliche Kindergärten. Sie lernen mit belarussischen Kindern in der gewöhnlichen Mittelschule und im Gymnasium zusammen – obwohl es in der Stadt noch bis zum Krieg eine tatarische Schule gab, wo die Kinder den Koran lasen und die arabische Sprache lernten.
Aus der Geschichte der Stadt erfuhr ich, dass Iŭje die inoffizielle tatarische „Hauptstadt“ von Belarus ist. Hier leben seit langem Tataren. Die ersten Tataren tauchten in Belarus vor über 600 Jahren auf. Im Jahre 1397 lud der litauische Großfürst Vytautas (Witold) tatarische Krieger ein, die Grenzen des Großfürstentums Litauen zu beschützen. Sie dienten gut, deshalb verlieh der Fürst ihnen Titel und schenkte ihnen Land. Mit der Zeit näherten sich die Tataren an den Nachbarn so an, dass die tatarischen Familiennamen anfingen, zuerst polnisch und später belarussisch zu klingen. Deshalb sind gemischte Ehen für die Stadt keine Seltenheit. Es zeigt sich, dass sich eine tatarische Hochzeit wenig von einer belarussischen Hochzeit unterscheidet. Der Name für die islamisch-tatarische Eheschließung (arab. Nikah) wird aus dem Arabischen mit „Vertrag“ übersetzt. Ihre Feste, wie z.B. das islamische Opferfest und das Fest des Fastenbrechens, feiern die Tataren mit der ganzen Gemeinde, Gerichte aus der Nationalküche der Tataren werden hier zubereitet.
Die katholische Kirche
Im Anschluss besuchten wir die katholische Peter- und Pauls-Kirche [костёл святых апостолов Петра и Павла], die sich auf der Straße vul. Karla Marksa 51 befindet und zu der bis ins 19. Jahrhunderte ein Bernhardiner-Kloster gehörte. Ein Teil der Klostergebäude ist auch noch erhalten. Die Kirche steht an der Stelle einer altertümlichen gotischen Kirche, deren Errichtung auf 1491 bis 1495 Jahren datiert. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde die Kirche in eine calvinistische Kathedrale umgebaut. Von 1585 bis 1593 betrieben Arianer bei der Kirche eine Druckerei und eine Schule. Während des russisch-polnischen Krieges (1654-1667) wurde die Kirche ganz zerstört. Und im 18. Jahrhundert begann man an dieser Stelle mit der Errichtung einer neuen Kirche im Barockstil. Die Kirche hat zwei Türme. Die Hauptfassade der Kirche ist in zwei Ebenen unterteilt. Die untere Ebene ist mit feinen Pilastern geschmückt, und die obere Ebene besteht aus zwei Kunsttürmen mit zwei Kuppeln und einer zentralen Attika dazwischen. An den Ecken des Hauptbaus befinden sich gestufte Strebepfeiler. Neben der katholischen Kirche befindet sich eine Christusskulptur, die genauso aussieht, wie die in Rio de Janeiro (Cristo Redentor). Die katholische Kirche in der Stadt Iŭje ist sehr altertümlich. Die Messe wird in polnischer Sprache gehalten. Traditionell gibt es sehr viele Farben, die sehr schönen Altäre mit den altertümlichen Statuen der Jungfrau Maria, Christus und der Apostel. Die katholische Kirche steht an einer malerischen Stelle. Der Garten der Kirche steigt zum Wasser herunter. Die Statuen der Heiligen begegnen den spazierenden Menschen auf den Pfaden des Gartens.
Die orthodoxe Kirche
Zuerst war im Gebäude der orthodoxen Kirche (Adresse: vul 1. Maja) eine Geburtsklinik untergebracht, später ein Kindergarten. Jetzt ist es eine orthodoxe Kirche. Das ist so gut wie alles, was über diesen Bau bekannt ist, weil die orthodoxe Religion in der Stadt die jüngste Konfession ist und der orthodoxe Glaube hier früher (vermutlich) keine so große Rolle spielte. Es gibt auch kaum Darstellungen oder Beschreibungen des Aussehens dieser Kirche. Und selbst auf Russisch ist es schwer, die Kirche zu beschreiben.
Das ursprüngliche Wohnhaus (später Geburtsklinik und Kindergarten) wurde 1994 in eine orthodoxe Kirche umgebaut. Die Kirche des heiligen Märtyrers Gavriil von Białystok (russ. Храм святого мученика младенца Гавриила Белостокского) wurde in einem Gebäude untergebracht, das zu Beginn des 20. Jahrhunderts als Wohnhaus diente. Nach dem Zweiten Weltkrieg diente der Bau als Geburtsklinik. Und auch nach 1970 Jahren waren hier viele Kinder, aber schon größere: Das Gebäude fungierte da als Kindergarten. Und erst im Jahre 1993 hat man das Gebäude der orthodoxen Gemeinde übergeben. 1995 wurde wichtig für die Kirche, da die Kirche der heilige Patriarch von Moskau und ganz Russland Aleksij II besuchte. Die Kirche ist durch die einzigartige Ikone der Kasaner Gottesmutter bekannt, die, was merkwürdig klingt, „im Kosmos war“. In der Stadt wohnt ein Kosmonaut, der aus Iŭje stammt – er hat diese Ikone in den Kosmos mitgenommen. Und diese Ikone kreiste zwölfmal um die Erde.
Die Synagoge
Über das jüdische Leben und über die Synagoge, die im 19. Jahrhundert im barocken Stile gebaut wurde, ist nur wenig bekannt. Vor der Oktoberrevolution lebten hier etwa 1400 Juden, denen 150 Häuser gehörten. Bis zur ersten Hälfte des 20 Jahrhunderte ist das Gebäude der Synagoge erhalten geblieben. Es gab zuerst vier Gebäude, die für vier verschiedene Stände errichtet wurden. Das erste Gebäude war für ausländische Kaufleute und Händler bestimmt, das zweite Gebäude war für die Handwerker, und das dritte Gebäude galt den armen Menschen. Heute stehen die meisten dieser Gebäude nicht mehr. In einem Gebäude ist jetzt eine Sportschule untergebracht. Im dritten Gebäude befindet sich eine Kantine. Und im vierten Gebäude ist jetzt ein Geschäft untergebracht.
Museum der Nationalkulturen
Außerdem besuchten wir das Museum der Nationalkulturen. Das ist das einzige Museum seiner Art in Belarus und wurde im Jahre 2009 gegründet. Hier gibt es einen Saal, der der tatarischen Geschichte und der Kultur gewidmet ist. Der zweite Saal ist der Geschichte der Juden gewidmet. Und ein Saal befasst sich mit dem Zweiten Weltkrieg. Fast jeden Monat kann man verschiedene Ausstellungen besuchen. Sehr bekannt war die Ausstellung „Unter dem einzigen Himmel durch die Jahrhunderte“ (blr. „Пад адзіным небам праз стагоддзі“).
Anastasiya Yedko, Julia Stableckaja
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